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Kleine Nomadin

Zuhause in der ganzen Welt.

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Die Pinguinfrau in Punta Arenas.

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Ich wache auf und mein Herz klopft schneller. Heute ist der Tag. DER TAG. Bei dem Gedanken daran muss ich grinsen und möchte am liebsten laut und fast hysterisch aufschreien. Ich schaue auf mein Handy, auf dem sich sicher bereits wieder eine Pinguin-GIF-Nachricht meines besten Freundes befindet, und besinne mich schnell wieder. 5:00 Uhr zeigt das Display. Kathi liegt noch neben mir und schläft. Schnell mache ich die Augen wieder zu und schlafe nochmal ein. Aber ich bin mir sicher, ich grinse noch immer.

Der frühe Vogel trägt 8 Schichten Kleidung.
Meine Füße kribbeln. Ich will aufstehen, losgehen, mich beeilen. Ich springe so dynamisch aus dem Doppelbett, in dem Kathi noch vor sich hin gähnt, dass der Holzboden des Hostelzimmers kracht. Mein Gewand habe ich mir schon am Vortag auf einen Stapel neben dem Bett zusammengelegt: Laufleggings, Wanderhose, dicke Socken, Wanderschuhe, Sport-BH, T-Shirt #1, T-Shirt #2, T-Shirt #3, T-Shirt #4, T-Shirt #5, Pullover, Weste, Jacke, Schal, Haube, Handschuhe. Wie ein kugelrunder Inuit stehe ich nach einem Anziehen auf Speed vor der noch im Pyjama stehenden besten Freundin. „Ich geh dann mal Frühstücken!“, grinse ich ihr entgegen und bin schon aus dem Zimmer. Einen typisch patagonischen, wässrigen Löskaffee und ein Marmeladenbrot später ist auch Kathi soweit und wir marschieren los.

Expeditionsbeginn.
Wir sitzen auf einem gelben Expeditionsschiff, der Santa Carlos III. Ich ziehe meine Schwimmweste zurecht, die uns Laura gebeten hat anzuziehen, während wir auf die Isla Magdalena übersetzen und überprüfe meine Taschen: Links – Kamera. Rechts – Actioncam. Jackentasche links – Handy. Jackentasche rechts – Handschuhe. „Alles da. Kann losgehen!“, denke ich. „Before we leave …“, setzt Laura an. Das chinesische Pärchen neben mir schläft bereits wieder. Ich beginne nervös mit dem Fuß zu wippen. „Please don’t try to kidnap a Penguin!“, sagt Laura. Ich schaue auf. Sie grinst mich an. Ich grinse zurück, schaue unschuldig auf meinen Tagesrucksack, in den gut und gerne ein kleiner Magellanpinguin Platz hätte, schaue dann wieder zu der Expeditionsleiterin, setze einen Hundeblick auf und zucke mit den Schultern. „Mist!“ denke ich mir, als plötzlich der Motor in Gang gesetzt wird.

Begleitschutz auf rauer See.
Ich stehe auf dem Deck des Schiffes. Meine Finger sind trotz der Handschuhe taub. Der Wind kriecht unter jede meiner Kleidungsschichten. In der Ferne sehe ich Punta Arenas im Nebel liegen. Auf der anderen Seite der Magellanstraße sehe ich die Küste des Feuerlands. Die See dazwischen ist genauso rau und faltig wie die Menschen, die in Punta Arenas durch die Straßen wandern. Die vielen Obdachlosen, die in den Straßen, vor den vom Wind gepeitschten Häusern aus Wellblech sitzen. Es ist der südlichste Punkt meiner Reise. Wahrscheinlich werde ich nie südlicher sein als hier, schießt es mir durch den Kopf, als plötzlich etwas Schwarzes vor mir aus dem Wasser taucht. Ich kneife die Augen zusammen und fokussiere meinen Blick: 1, 2 – und plötzlich 3 schwarze Punkte tauchen immer wieder aus dem Wasser auf und sind auf einmal wieder weg. Ich suche die Wellen ab. „Was war das?“, frage ich mich. „Treibholz? Ein Fisch?“ Und als würden sie mir diese Frage beantworten wollen, springen plötzlich drei kleine Seerobben über eine Welle hinweg und tauchen dann ganz schnell wieder ab. Ich schaue mich um. Die anderen Touristen an Deck verstecken ihre Köpfe zur Hälfte in den Rettungswesten, um sich vor dem Wind zu schützen oder starren unaufgeregt in die Ferne. Keiner hat den Besuch bemerkt.

Endlich angekommen.
Ich sehe ihre kleinen Köpfe schon von der Ferne aus dem Wasser tauchen. Mit jeder Welle, die an den Strand kommt, werden mehrere von ihnen angespült. Zuerst landen sie auf dem weißen Bäuchen, rappeln sich dann auf, stolpern die ersten Meter über ihre Füßchen und stolzieren dann, genauso tollpatschig wie man es aus Videos und Filmen kennt, über den Steinstrand.

Ein lautes Sirenengeheul reißt mich aus meiner Faszinationsstarre. Ich zucke zusammen. Neben mir beginnt ein kleiner Pinguin aus tiefster Kehle zu schreien. Er plustert sich auf, sein kaum vorhandener Hals wird dick und wieder dünn und heraus kommt dieses laute, raue Sirenengeheul. Ich schaue den kleinen Kerl verwundert an und merke erst jetzt wie laut es hier auf der Insel ist. Der peitschende Wind und das laute Geschrei tun in den Ohren weh. Je länger ich still stehe, desto kälter wird es, also setze ich mich wieder in Bewegung. Doch nach zwei Metern wieder ein Stopp: Ein Pinguinpärchen watschelt schnurstracks an mir vorbei. Ich schaue auf die beiden herunter, bewege mich nicht und folge ihnen mit meinen Augen. In der Mitte des Weges stoppt er und schaut kurz zu mir auf. Die Pinguinfrau überholt ihn und verschwindet in der dunklen Höhle auf der anderen Seite des Weges. Ich höre ein leises, unaufgeregtes Schnattern als er sich wieder auf den Weg macht. Pinguine haben immer Vorrang.

Ich setze mich wieder in Bewegung und lasse meinen Blick schweifen: Tausende schwarz-weiße Flecken säumen die grünen Hügel. Insgesamt leben 40.000 Pinguinpaare hier auf der Isla Magdalena, um hier ihre Kinder gemeinsam aufzuziehen. Mir wird warm, trotz des kalten Windes und ich muss wieder einmal daran denken, warum ich diese Tiere so gerne mag: Pinguine suchen ihre Pinguin-Seelenverwandten, um dann ein ganzes Leben lang gemeinsam zu verbringen, eine Familie zu gründen und gemeinsam durch das Leben zu stolpern. Ich denke an meine Eltern, die ich liebevoll „Dinosaurier“ nenne, weil sie eben genau dieser Generation angehören, die man heute so selten sieht: Glücklich verheiratet seit über 20 Jahren. Für viele in meiner Generation mag das kein Ziel mehr sein, aufgrund der riesigen Auswahl & der Möglichkeiten, die wir haben oder auch der Beispiele, die wir kennen, bei denen aus dem „ewig“ ein „doch nicht so ewig“ wurde. Lieber alleine bleiben, die Welt bereisen, Mingle sein, lieber nichts Fixes, frei und total unabhängig sein, nichts Ernstes und verbindliches – geht ja doch nur schief. Ich erinnere mich, dass auch ich mal so gedacht habe. Mittlerweile weiß ich aber, dass ich immer auf etwas anderes gehofft habe. Ich war eine Pinguinfrau auf Suche. Nun bin ich endlich angekommen – bei den Pinguinen und in meinem Leben.

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Als kleine Nomadin bin ich überall zuhause. In meinen Reisegeschichten begleitet ihr mich auf meiner 7-monatigen Reise durch die Welt.

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