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Kleine Nomadin

Zuhause in der ganzen Welt.

Iran

Isfahan und die Hälfte der Welt.

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Es ist 9 Uhr morgens und ich sitze gerade in Maryams Wohnzimmer. Maryam ist mein Host hier in Isfahan und wohnt mit ihrer pubertierenden und nur Filme-schauenden Tochter Anzri und ihrem kaum englisch sprechenden Mann hier, in diesem Haus, ganz nahe der Jameh Moschee. Ich habe sie über Couchsurfing kennengelernt und erst gestern entschieden, zwei Nächte bei ihr zu verbringen. Gerade steht sie in der Küche, schneidet Gurken. Neben mir sitzt Alex, ein noch verschlafener Villacher, der im Irak lebt und arbeitet. Seine Freundin Isabel steht im verfliesten Nassraum unter der Dusche. Mira, die upgegradete Chinesin aus Hongkong, ist noch in ihrem Zimmer. Isafahan wird zurecht „die Hälfte der Welt genannt“ – den selbst unter Maryams Dach sind mehrere Länder und Kulturen vereint.

Happy Birthday, kleine Kemala!

Alex gähnt und ich schließe mich an. Es war ein langer Abend gestern. Gleich nachdem ich bei Maryam angekommen bin, hat sie mich und Mira gefragt, ob wir denn nicht Lust haben, auf die Geburtstagsfeier einer Freundin mitzukommen. „Say yes“, höre ich den Lonely Planet flüstern und denke an die Party in Teheran zurück. „Warum nicht?“ Maryam, ihre Tochter, Mira und ich quetschen uns ins Auto und fahren los. Nach einem kleinen Zwischenstopp sitzt  Maryams Mutter zwischen mir und Anzri. Sie redet auf mich ein und grinst. Ich verstehe kein Wort. In einem wunderschönen alten Restaurant kehren wir ein und das Geburtstagskind erwartet uns schon: In ihrem weißen Kleidchen und mit einem Blumenkranz im Haar grinst sie mich schon von der Weite an. Kemala, die Tochter von Jaka und Asti aus Jakarta, Indonesien, wird heute ein Jahr alt. Das muss – mit Luftballons, Partyhütchen und alkoholfreiem Mojito – gefeiert werden. Mit am Tisch: Die Hälfte der Welt 😉

Hongkong, Villach, Portugal und Wien on Tour.

Nach einem guten Frühstück bei Maryam beschließen wir alle gemeinsam los zu ziehen. Maryam setzt uns mit ihrem Auto auf einem Platz nahe der Jameh Moschee aus. Wir laufen um eine Moschee herum und dann darauf zu kommen, dass es nicht jene ist, die wir suchen. 4 Köpfe und trotzdem keinen Plan. Ähnlich verloren fühlen wir uns in den Gassen des Bazars. An jeder Seite werden Kleidung, Gewürze, Teppiche und die berühmte Kupferware aus Isfahan angeboten. Wir marschieren durch das Gewusel und werden nicht nur einmal von einem Schubkarren über die Haufen gefahren. Während Mira, stereotypisch mit ihrem Selfiestick in der Hand, ausweicht, landet dieser in meinem Gesicht. „Soooorrry!“, sagt sie und ich erinnere mich an die Selfie-Stick Begegnungen in China und muss grinsen.

Tee in Isfahan.

Endlich haben wir die Moschee gefunden. Alte Hallen und wunderschöne Fließenmosaike zieren die viele riesigen Torbögen. Diese Kirchen strahlen für mich so viel Ruhe und Lebenslust aus, denke ich mir, als ich an die bunten Decken starre. Nach dem Bestaunen der Jameh Moschee geht es weiter durch den Bazar – zwar verloren aber nicht ohne Ziel. Wir suchen ein Teehaus. Aber nicht irgendeines sondern genau jenes, von Miras Screenshot. Sie streckt einem Bazarverkäufer ihr Handy entgegen. Ich frage einen anderen Verkäufer, denn doppelt hält ja bekanntlich besser. Vor allem im Iran, wo die Menschen ungern zugeben, etwas nicht zu wissen und man schnell mal irgendwo hingeschickt wird , ohne dass der Wegweiser weiß wohin man eigentlich will. „Follow me!“, höre ich aus Miras Richtung. Wir hoffen, diesmal weiß der Hirte, wo er seine Schäfchen abliefern muss, und traben dem alten Mann hinterher. Wir folgen ihm – und landen direkt in Miras Screenshot: einem alten Teehaus, das von außen mehr wie ein Altwarenhandel aussieht als ein Teehaus. Ganz unbedacht setzen wir uns in den vorderen Bereich des Teehauses, bestellen keinen Tee aber – ganz typisch in Isfahan – einen Karottensaft mit Eis und genießen das Ambiete. Ich schaue mich um: Vorne sitzen drei junge Männer. Ein alter Mann schlürft seinen Tee laut. Weiter hinten, etwas abgetrennt, sitzen zwei Frauen, ein Pärchen. Erst da realisiere ich, warum die drei jungen Männer gerade in unsere Richtung starren. Wir verstoßen gerade gegen ein ungeschriebenes Teehaus-Gesetz: Männer sitzen vorne, Frauen in einem eigenen Bereich. Uns Touristen wird es wohl verziehen – und bald ist den drei Herren der Tee wieder wichtiger als Alex & die drei Damen.

Ein bisschen Wien in Isfahan.

Als ich aus dem Torbogen des Bazars hinaustrete, steigt mir ein bekannter Geruch in die Nase. Vor mir liegt der große Imam Square. Die Sonne blendet mich und ich kneife die Augen zusammen. Und plötzlich sehe ich sie: Eine Reihe Fiaker stehen direkt auf dem Platz, um Touristen zu kutschieren. Ich schließe die Augen und denke an den Stephansplatz in Wien, an die Wiener Fiakerkutschen, an den Geruch der Gasse. Es ist auch immer wieder schön ein bisschen Heimat in der Ferne zu entdecken – und sei es nur der Geruch von Pferdemist 😉 Alex, Isabel, Mira und ich schlendern über den riesigen Platz zur Moschee am Ende – diese findet man nicht in Wien. Während wir die Mosaike bestaunen, tritt ein alter Mann an uns heran. Er war Geschichtslehrer, erzählt er, und deutet uns mitzukommen. Alex, Isabel, Mira und ich folgen ihm. Er spricht über die Sonnenuhr, über den Baum des Lebens und die Bedeutung der Farben in den Mosaiken. Mira entfernt sich von der Gruppe und streckt den Selfiestick von sich. Sie grinst. „Lady!“, höre ich den pensionierten Lehrer mahnen, als er merkt, dass Mira ihm keine Bedeutung schenkt. Es macht „Klick“. „Chinese! Listen!“ Seine Stimme tönt laut durch die Halle. Mira, aus Hongkong, fühlt sich nicht angesprochen und knipst weiter.

Picknick, Jolfa & ein Franzose und sein Motorrad!

„Azam Restaurant“, sage ich zum Taxifahrer, nachdem wir uns alle in das Taxi gequetscht haben, nicht ohne Alex & Isabel vorher verhandeln zu lassen. Ich zeige ihm mein Handy mit der Karte. Das Restaurant hat mir Hamid, mit den Worten „Ein Muss für einen Foodies“ empfohlen. Zum Glück ist meine neue Reisegruppe genauso experimentierfreudig wie ich und so sitzen wir nur wenige Zeit später mit einem Beryani Picknick in der Nähe der alten Flussbrücke Isfahans, unter der schon zu lange kein Fluss mehr fließt. Vor uns aufgedeckt der „iranische Burger“, wie Hamid es nannte: gemischtes Fleich, Leber, Nüsse eingewickelt in Brot. Zum Verfeinern gibt es Basilikum und Zwiebel. Zum Dippen und auch zum Trinken gibt es Joghurt.

Nach dem Picknick geht es gesättigt weiter ins armenische Viertel Jolfa, wo wir uns die armenische Kirche anschauen wollen. Als wir eintreten, merkt man den Unterschied der Religionen: Hier ist es düster. Teufel, Monster und Folterszenen prangen an den Wänden. Ich drehe mich im Kreis und bin umgeben von Drohungen und erhobenen Zeigefingern. Vor der Kirche treffen wir auf einen Franzosen, der gerade mit seinem Motorrad im Iran angekommen ist und beschließen mit ihm etwas trinken zu gehen. Frankreich, Hongkong, Portugal und Österreich brauchen den Iran und seinen alkoholfreien Mojito um sich zu finden 😉

Essen verbindet!

Als wir bei Maryam – in unserem temporären Zuhause – ankommen, ist das Beryani verdaut und unser Magen meldet sich schon zu Wort. Zum Glück steht aber heute eine kleine iranische Kochstunde mit Maryam auf dem Abendprogramm und so beginnen wir mit dem Schnippseln des Gemüses für einen Koresht-e Bademjam mit Lamm und Fesenjan mit Huhn. Dazu gibt es Thadig und einen Shiraz Salat. Zwiebel, Melanzani, Tomaten, Lamm – jeder greift zum Messer oder rührt den Kochlöffel, sodass wir zwei Stunden später ein ausgiebiges, iranisches Abendmal auf dem Wohnzimmerboden ausbreiten. Maryam reicht uns Besteck und Teller in die Runde. Ihr Mann setzt sich zu uns, auch die pubertierende Anzri wird vom Essen angelockt. Doch bevor wir unsere Löffeln in die guten Eintöpfe graben, fehlt etwas: Alex, Isabel, Mira, ich und auch Maryam greifen in die Taschen. Fast zeitgleich holen wir alle unsere Smartphones heraus, um unser Essen zu fotographieren. Maryams Mann, der uns vom Sofa aus beobachtet, lacht und kramt in der Tasche nach seinem Handy. Foodies sind eben doch überall gleich –  egal ob aus Portugal, China, der Schweiz, Österreich oder dem Iran 😉

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5. Oktober 2017 
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Koresht-e Bademjam, Fesenjan und Thadig.

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Comments

  1. Gabriele says

    5. Oktober 2017 at 5:35

    Deine Erlebnisse sind einzigartig schön geschrieben, ich bekomme richtig Lust auf iranischen Essen mit feinen Gewürzen!

    Antworten

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Als kleine Nomadin bin ich überall zuhause. In meinen Reisegeschichten begleitet ihr mich auf meiner 7-monatigen Reise durch die Welt.

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